Aus der Zeit gefallen: Mit der Einstellung des Straßenbahnbetriebs zwischen Opladen und Ohligs resp. Lützenkirchen im Jahr 1955 begann das Ende der Ära eines Transportmittels, das den Verkehr der einstigen Kreisstadt Opladen seit 1907 nachhaltig geprägt hatte, nun aber technisch veraltet schien und mehr und mehr aus der Mode kam. Die letzte Straßenbahn verließ Opladen am 26.10.1958. Mit der Straßenbahn Opladen–Lützenkirchen, zu den Bahnen des Rhein-Wupper-Kreises ge- hörend, starb nach einigen Jahren Gnadenfrist auch der Güterverkehr zwischen dem Bahnhof Opladen und Neucronenberg, der insbesondere für die ehemals dort ansässige Schraubenfabrik J. J. Tillmanns lange Zeit so bedeutsam war. Nicht zuletzt zu diesem Betriebszweck hatte man zwischen 1910 und 1914 die Kleinbahn Opladen–Lützenkirchen ins Leben gerufen, die im Fokus der folgenden Betrachtungen steht. Dabei soll auch auf den für so manchen vielleicht etwas missverständlichen Kleinbahnbegriff eingegangen werden, der nicht wirklich eindeutig definiert ist. Vor allem in den Anfangsjahren purzeln die Begriffe „Klein-“ und „Straßenbahn“ doch des Öfteren recht munter durcheinander, wie auch etliche umgangssprachlich formulierte Quellentexte in diesem Heft belegen. Klar zu sagen ist immerhin, dass die Spurweite einer Bahn nicht ausschlaggebend für ihre Bezeichnung ist; unsere Kleinbahn besaß z.B. mit 1435 mm dieselbe Spurweite wie ihre „große“ Staatsbahn-Schwester. Verkompliziert wurden die auf umfangreiches Aktenstudium gestützten Untersuchungen zu- dem durch die oft wechselnden Bezeichnungen von Orten, Flur- oder Straßennamen, geänderte Verläufe, Neubauten etc., was eine präzise räumliche Zuordnung bzw. eine erfolgreiche Spurensuche vielfach erschwerte bis unmöglich machte. Von der herkömmlichen, klein- bzw. straßenbahnspezifischen Betrachtung einer kurzen Schienenstrecke mit nüchternen Fakten zu deren Bau und Betrieb ist diese Schrift weit entfernt. Ihr Ziel ist es vielmehr, neben bahntechnischen Grunddaten und Zusammenhängen auch vertiefte Einblicke in die Verkehrsgeschichte des Raumes um die Kreis- und Eisenbahnstadt Opladen zu gewähren. Überdies soll ein Stück Stadt- und Zeitgeschichte erlebbar gemacht werden, das uns auch noch Jahrzehnte nach dem Ende der Kleinbahn von nur begrenzter Bedeutung doch teils mit Staunen zurücklässt. Ihre Geschichte, eingebettet in unzählige zeitgeschichtliche und lokale Begebenheiten und Hintergründe, soll hier erzählt werden und damit auch an die Menschen erinnern, die als treibende Kräfte hinter dem Kleinbahnbau standen, allen vo- ran Landrat Dr. Adolf Lucas. Die folgenden Darlegungen werden zeigen, dass der Bau der Kleinbahn eine unerwartet komplexe Angelegenheit darstellte, reich an Facetten und mit einigen überraschenden Wendungen. Eine wenn nicht die Triebfeder zu ihrer Errichtung war zweifelsohne der Güterverkehr, der erst nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Aufkommen des Kraftverkehrs zunehmend an Bedeutung verlor. Da auch die Personenbeförderung immer mehr auf Busse bzw. den Individualverkehr überging, war das Ende der Straßenbahnen, vom Solinger Kreis-Intelligenzblatt 1911 einst als „ein erfreuliches Ergänzungsverkehrsmittel“ titu- liert, nicht nur im Raum Opladen unausweichlich und zu jener Zeit alternativlos.