Der deutsche Komponist Hans Pfitzner (1869 - 1949) hat sich am Rande seines Musikschaffens auch als Schriftsteller geäußert. Nach diesen Äußerungen gilt er als Reaktionär, als Antisemit und als Nazi über das Ende des „Dritten Reiches“ hinaus. Das färbt auch die Rezeption seiner Musik. Wer die Quellen und Zeitzeugnisse in ihrer Gesamtheit würdigt, kommt zu einem differenzierteren Urteil. Pfitzner war ein Egozentriker für sein Werk und dessen Erklingen; wurzelnd in der Romantik Schumanns und Wagners war er ein Komponist der Gebrochenheit seiner Zeit; ein Verfechter der deutschen (seiner) Musik, aber mit dem schmerzlichen Bewusstsein, dass diese große Periode zu seinen Lebzeiten in der Pluralität des Neuen unterging. Ein starrköpfiger Verteidiger eines idealisierten Deutschland, aber kein völkischer Rassist; ein Streiter gegen schädlich empfundene internationale Einflussnahme, aber ein Bekenner für den jüdischen Beitrag zur deutschen Kultur. Ein Kämpfer gegen eine skurril definierte Weltanschauung, das „Weltjudentum“, dem auch Nichtjuden angehörten; Hass gegen Juden war ihm jedoch fremd. Grausamkeit gehörte für ihn nicht zur Idee des Deutschen, und doch musste er die deutschen Verbrechen gegen die Juden zur Kenntnis nehmen.