Bisher wurde in der Forschung der „Seelenlehre/Psychologie“ des Lukrez nur eine geringe Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei finden sich in seiner Lehrdichtung „De rerum natura“ vielfältige originelle Beschreibungen und Beobachtungen des Verhaltens und Erlebens wie Wahrnehmung, Bilderlehre, Emotionen, Kognition, Lernen, Imagination, Sexualität, Traum, Motivation, Religion, Psychopathologisches, Kulturpsychologisches, Sozialpsychologisches, sowie tierpsychologische Beobachtungen und eine menschheitsgeschichtliche Entwicklungspsychologie. Der Psychologe Professor Dr. Hannes Stubbe skizziert die Seelenlehre des Lukrez und analysiert Bezüge sowie Vergleiche zur modernen westlichen Psychologie. Eindrucksvoll ist der dichte, äußerst reichhaltige psychologische Wortschatz des Lukrez aufgelistet. Überraschenderweise finden wir auch Rousseauistisches, Darwinistisches, Psychoanalytisches, Behavioristisches, Marxistisches, Spenglerisches Gedankengut in seinem zwischen Wissenschaft und Kunst angesiedelten einflussreichen, aufklärerischen Werk. Viele dieser von Lukrez bereits behandelten Themen beschäftigen die Psychologie noch heute.