Die religiöse, politische und rechtliche Dimension der Menschenwürde Der moderne Staat hat nach Thomas Hobbes allein die Aufgabe, die Würde des Menschen, sein Leben und seine Freiheit, zu schützen. Der Staat wird für ihn zum „sterblichen Gott“, dem wir unter dem „unsterblichen Gott“ den inneren und äußeren Frieden verdanken. Dennoch wird Thomas Hobbes wegen Atheismus verfolgt und muss aus England fliehen. Wer stark genug ist, alle zu schützen, ist auch stark genug, alle zu unterdrücken. Die Würde des Menschen, Leben und Freiheit, ist nach John Locke nicht nur gegen Verbrechen aus der Gesellschaft und gegen Bürgerkriege, sondern auch gegen Übergriffe des Staates, d.h. umfassend zu schützen. Die Idee der Menschenrechte entsteht. Auch Locke muss fliehen. Papst Pius VI. verurteilt die Ideen der Französischen Revolution, die die Menschenrechte auf den Weg bringen, als Sündentaumel. Die soziale Ermöglichung menschlicher Würde durch soziale Teilhabe hat erstmals Karl Marx als allgemeine politische Aufgabe formuliert, indem er das Feindbild der „Ausbeutung“ entwickelte. Der Mensch muss zum Schöpfer seiner selbst werden, was als Kampfansage an das Christentum verstanden wurde. Nur wenige Kirchenführer, wie z.B. der Sozialbischof Ketteler aus Mainz erkannten diese politische Dimension, die jetzt durch die „Theologie der Befreiung“ aufgegriffen wurde. Die Würde des Menschen wurde daher in drei Richtungen durch ihre Bedrohungen definiert. Die Kirchen haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Die Würde des Menschen war kein Thema Selbst der christlich-pietistisch erzogene Kant war in seinen Frühschriften der Auffassung, dass der Mensch an sich völlig unwürdig sei. Nach dem 2. Weltkrieg lagen alle Ideologien in Trümmern. Die Väter des Grundgesetzes wandten sich gegen jede Staatsvergottung, wie es Konrad Adenauer formulierte. Mit dem Schutz und der Achtung menschlicher Würde wurden die Ideen von Hobbes und Locke rechtliche Wirklichkeit. Erst nach dem 2. Weltkrieg begann in den Kirchen ein Umdenkungsprozess. In der evangelischen und reformatorischen Theologie wird mit Recht die Frage diskutiert, warum die Thematik der Würde des Menschen in der Vergangenheit nicht beachtet wurde. Papst Johannes Paul II. wird zum Verfechter menschlicher Würde, ohne selbstkritisch zu sehen, dass seit der Patrologie über 1600 Jahre lang das Thema menschlicher Würde mit Ausnahme der Philosophie der Renaissance nicht beachtet wurde.