Kennen Sie folgende Situation? Sie sitzen im Kino, der Film flimmert über die Leinwand, die Filmmusik setzt ein - und diese Musik haben Sie vielleicht einige Tage zuvor im Konzert gehört! Ein Klavierstück von Chopin oder einen Satz von einer Beethoven-Sinfonie. "Das kenne ich!", sagen Sie sich sofort. Ein gewisser Stolz erfüllt Sie darüber, daß Sie das Stück wiedererkannt haben, daß Sie in diesem Moment vielleicht sogar mehr wissen als ihr Sesselnachbar. Die Filmgeschichte bietet uns eine Vielfalt an Zitaten autonomer Musik im Film. So versinkt z.B. "Charlies Festung" in Coppolas "Apocalypse Now!" im Pulverdampf zum frohen Sechsachteltakt von Wagners "Walkürenritt", Bachs "Goldberg-Variationen" regen in Jonathan Demmes "Das Schweigen der Lämmer" die Mordlust des Kannibalen Lecter und gleichermaßen seinen Appetit an. Während manche Regisseure in autonomer Musik als Filmmusik eine dramaturgische Bereicherung sehen, fürchten Kritiker um den Wert einer Komposition, sobald ihre Partitur auf die filmische Montage hin zurechtgestutzt wird. Bleibt die Frage: Bereichert autonome Musik den Film tatsächlich? Hat ein Zitat darüber hinaus "seinen Ruf weg", wenn es erst einmal im Film verwendet wurde? Jessica Merten geht diesen Fragen an einer Auswahl von 22 europäischen und amerikanischen Filmen aus den Jahren 1958 bis 1996 nach. Untersucht werden populäre wie auch eher unbekannte Filme namhafter Regisseure wie Luchino Visconti, Louis Malle, Roman Polanski oder Ingmar Bergman, in denen ein bewusster und gezielter Einsatz der Musikzitate offensichtlich ist. Musik ist ein dramaturgisches Mittel, das im filmischen Kontext funktionieren muss: Im theoretischen ersten Teil der Arbeit werden deshalb einige allgemeingültige Modelle filmmusikalischer Funktionen vorgestellt, außerdem findet sich hier ein Überblick über Geschichte und Theorie der Filmmusik sowie über die Methoden der Filmmusikanalyse. Dieser Titel ist - textidentisch und mit gleichem Seitenlayout - auch als gedrucktes Buch erhältlich (ISBN 3-923486-35-9).