Universitäten sind Institutionen, deren Identität und Reputation sich vielfach aus ihrer „traditionsreichen Vergangenheit“ speisen. An der Universität Graz wurde erst sehr spät damit begonnen, sich den weniger „ruhmreichen“ Aspekten der Geschichte zu stellen. Vielmehr wurde die Rolle der Universität in der NS-Zeit, deren Vor- und Nachgeschichte lange Zeit verdrängt oder marginalisiert. Dementsprechend war die Erinnerungspolitik der Nachkriegszeit von der Pflege eines akademischen „Opfermythos“ und einem geistigen „Rückbruch“ in die Zwischenkriegszeit geprägt. Erst ab Ende der 1980er-Jahre entwickelte sich eine kritische Auseinandersetzung mit der NS-Zeit und ihren Kontinuitäten von einer umkämpften Gegenerzählung hin zu einem bedeutenden Aspekt universitärer Erinnerungskultur. Im Buch werden die Transformationen des historischen Gedächtnisses an der Universität Graz nach 1945 entlang gesellschaftlicher Aufbrüche, denkmalpolitischer Kontroversen, künstlerischer Interventionen, wissenschaftlicher Aufarbeitung und erinnerungspolitischer Zäsuren bis in unsere „digitale“ Gegenwart diskutiert.