Im 14. Jahrhundert entstand in Zentraltibet die Lehrtradition der ‘Ba‘-ra-ba bKa‘- brgyud-pa, die den ‘Brug-pa bKa‘-brgyud-pa untergeordnet ist. Obwohl zahlreiche Texte, wie etwa gesammelte Werke (bka‘ ‘bum), Hagiographien (rnam thar) und spirituelle Gesänge (mgur) erhalten sind, haben diese Texte bislang nur vereinzelt Beachtung gefunden. Dieses Buch befasst sich erstmals mit einer Geschichte der ‘Ba‘-ra-ba bKa‘-brgyud-pa. Hierfür werden zwei wichtige Inkarnationslinien behandelt sowie die Verbreitung dieser Lehrtradition anhand von Klostergründungen in Tibet und in den umliegenden Gebieten im Himalaya dargestellt. Die erste Inkarnationslinie, die des ‘Ba‘-ra-ba sPrul sku, geht auf den Gründervater rJe ‘Ba‘-ra-ba rGyal-mtshan dpal-bzang (1310-1391) zurück. Er gilt als großer Gelehrter seiner Zeit und als einer der ersten Tibetischen Kompilierer. In seinem Heimatort ‘Ba‘-ra-brag, im Shangs-Tal in Zentraltibet gelegen, hat er einst seine erste Praxisstätte errichtet. Dieser Ort wurde später zum Sitz der ‘Ba‘-ra-ba sPrul-sku, einer Inkarnationslinie, die bis Ende des 17. Jahrhunderts nachgezeichnet werden kann. Etwa zur selben Zeit entstand eine zweite Inkarnationslinie, die des bKa‘-brgyud sPrul-sku, deren Hauptsitz einst im Chumbi-Tal lag und heute im indischen Exil in Sikkim zu finden ist. In vorliegendem Buch werden die einzelnen Meister dieser beiden Linien behandelt und in einen übergeordneten politischen und religiösen Kontext gestellt. Ausgehend vom Shangs-Tal haben sich die Lehren der ‘Ba‘-ra-ba in Tibet und in den umliegenden Gebieten im Himalaya, wie etwa Bhutan, Sikkim, Darjeeling und Dharamsala, verbreitet. Diese Lehren werden heute noch im Norden von Indien, nämlich in Sikkim, Darjeeling und Dharamsala praktiziert. In diesem abschließenden Teil des Buches werden die verschiedenen Klostergründungen dokumentiert, wobei die ausführlichsten Informationen zu den ‘Ba‘-ra-ba Klöstern in Sikkim vorliegen.