Mobilität ist ein grundlegendes Charakteristikum der heutigen Zeit. Menschen verlassen aus unterschiedlichen Gründen ihre Herkunftsländer und -regionen und werden zu Migranten. Sie haben damit Zugang zu vielfältigen kulturellen Einflüssen und können je nach Situation auswählen und gestalten. Das vorliegende Buch untersucht dieses Entstehen von Kultur am Beispiel des Mutterwerdens in der Migration. Dazu begleitete die Autorin nach Deutschland zugewanderte Frauen unterschiedlicher Herkunft während der Schwangerschaft, bei der Geburt und den ersten Monaten mit dem Neugeborenen. Eine interessante Beobachtung dabei war, dass sich die Frauen zwar auf Wissen, Erfahrungen und Traditionen ihrer Heimatländer beziehen, daneben aber aktiv viele weitere Informationsquellen und Unterstützungssysteme nutzen: Familienmitglieder, Freundinnen, Nachbarinnen bilden sogenannte transkulturelle Netzwerke, die die werdenden und jungen Mütter auf vielfältige Weise beraten und unterstützen. Damit können Erwartungen und Bedürfnisse der zugewanderten Mütter nicht allein mit ihrer Herkunftskultur erklärt werden, vielmehr müssen auch die individuell sehr unterschiedlichen Einflüsse und Wahlmöglichkeiten berücksichtigt werden. Noch deutlicher wird die Komplexität der kulturellen Einflüsse auf Schwangerschaft und Geburt, wenn auch die Fachkräfte untersucht werden. Denn auch die hier tätigen Hebammen haben Zugang zu verschiedenen Wissenssystemen und verfügen über ihre jeweils individuellen Konzepte von einer „guten Geburt“. So wird der Kreißsaal zum transkulturellen Raum, in dem Geburtskultur ausgetauscht, verhandelt und stets auch neu geschaffen wird.