Das Vertrauen auf Magie kann Menschen beflügeln. Doch im Antisemitismus zeigt magisches Denken seine abstoßende, schreckliche Fratze. Johannes F. Kretschmann erforscht, welcher gedankliche Weg von unspezifischem Argwohn bis zur Vernichtungsabsicht führt. An Beispielen wie der Phrase "Die Juden sind unser Unglück" lässt sich dies sinnfällig belegen. Als Religionswissenschaftler und Linguist bedient der Autor sich dabei unkonventioneller Methoden, wie Exkurse zur Euphemismus-Tretmühle und zum Heavy-Metal-Umlaut verdeutlichen. Literarischen Fiktionen wie den Protokollen der "Weisen von Zion" setzt er die Erkenntnisse berühmter wie unbekannter Denker entgegen. Besonders jüdische Stimmen vermitteln tiefere Einsichten in die Abgründe deutscher Geistesgeschichte. Auch die Beiträge der Ethnologie und Psychologie zum Magiebegriff würdigt der Autor kritisch und gleicht sie mit sprachphilosophischen und sprachwissenschaftlichen Reflexionen ab. Dabei liegt sein besonderes Augenmerk auf dem Selbstverständnis abendländischer Rationalität und Wissenschaftlichkeit, das auch für die Antisemitismusforschung bedeutsam ist, dort jedoch häufig nicht hinterfragt wird.