»Wie kommt es,« fragt Thielicke, »daß ein theologisches Buch, das zum ersten Male 1906 erschien …, seine Jugend bewahrt hat, daß es inhaltlich und formal nicht veraltet, sondern taufrisch geblieben ist wie am ersten Tag?« Als Antwort nennt er mehrere Gründe. Der vielleicht wichtigste: Schlatter ließ sich in seinem Denken nicht in zeithistorische Fragestellungen oder modische Kategorien hineinziehen, teilte so aber auch nicht das Schicksal seiner Zeit. Der Theologe, Philosoph und Schlatterkenner Harald Seubert fasst das zusammen: »Schlatter tritt mit philosophischem Denken in eine Auseinandersetzung, die nicht an System und Zeit gebannt ist, gerade dies kann seinen Zugriff auf die Philosophie derart fruchtbar machen.« Es kann einem »erstaunlich vorkommen, daß ein Autor, der sich kaum einer immanenten Kritik der Systeme befleißigt (um mit schulmeisterlicher Wonne hier eine Inkonsistenz und dort einen Gedankensprung festzustellen), sondern der mit einer Originalität sondergleichen und von irgendeinem, nicht genau feststellbaren Hebelarm her die Systeme in ihren Angeln bewegt –, daß dieser Autor in keinem Philosophenlexikon auftaucht.« (Thielicke)