Zum Buch:
Seit dem Tag, als er aus dem Ei schlüpfte, hegte Eule nur einen einzigen Wunsch: Er wollte um jede Preis Ritter werden. Warum? Nun, zunächst einmal sind Ritter bekanntlich sehr stark, sind edelmütig, tapfer und überaus schlau, denn all das müssen sie sein – sonst wären sie ja keine Ritter. Hinzu kommt, dass sie stets viele Freunde um sich haben, die ebenfalls stark, edelmütig, tapfer und überaus schlau sind. Andere Ritter eben.
Auch wenn Eule wusste, dass die Chancen, seinen Traum zu verwirklichen, gegen Null tendierten, hielt er dennoch daran fest, und wie es der Zufall wollte, entdeckte er eines Tages in der Burg, in der er wohnte, einen Aushang, der sein Herz sogleich höherschlagen ließ:
Ritter werden in nur zwei Wochen!
Heute bewerben!!!
Lebe ein Leben in Ehre & Abenteuer!
Das ist es, dachte Eule, lief eilends nach Hause und machte sich sofort daran, eine Bewerbung aufzusetzen. Und zur Überraschung aller wurde er angenommen.
Eule war ein eifriger Schüler, doch mit dem großen Schwert und dem Schild hatte er so seine Probleme; abgesehen davon besaß er die Angewohnheit, bei Tag einzuschlafen, da Eulen, wie es nun einmal ihre Art ist, nachtaktiv sind. Eule arbeitete hart, sehr hart, und schließlich erhielt er seinen Abschluss sogar mit Auszeichnung. Man teilte ihn für die Nachtwache ein, wo er, auf einer Leiter stehend, mit seinen großen Augen über die Burgmauer hinweg Ausschau hielt.
Alles lief gut. Bis eines Nachts plötzlich dieses riesige, geflügelte Wesen aus dem Dunkel auftauchte, der mächtige Leib wie eine Rüstung von Schuppen bedeckt, die Augen gluthell starrend.
„Huhuu!“, rief Eule.“ Wer bist denn du?“
„Ich bin ein hungriger Drache“, sagte das Wesen mit tiefer Stimme.
Eule bekam es mit der Angst zu tun. Doch da er Ritter der Nachtwache war und Ritter tapfer und sehr schlau sind, nahm er all seinen Mut zusammen und stellte sich dem Wesen entgegen.
Ich bin nur Feder und Flaum, sagte er. „Ein großer Drache wie du braucht etwas anderes – das besser schmeckt und den Magen füllt.“
Der Drache stutzte.
„Was“, fragte Eule, „hältst du von Pizza?“
Es ist lange Zeit her, seit ich zuletzt ein Kinderbuch rezensiert habe, und auf Die kleine Rittereule stieß ich lediglich durch einen Zufall. Aber ich war dann auch vom Fleck weg angetan, und das nicht nur von der Geschichte, die ich ziemlich witzig fand, sondern vor allem von den Bildern, deren Ausdrucksstärke und Brillanz, die teils an die Gemälde alter Meister erinnern, mich ebenso tief beeindruckten wie ihr hintergründig verspielter Humor.
Axel Vits, Köln