Hochstrasser und Locher. Keiner hat den anderen zuvor persönlich gekannt. Doch bald schon wird klar: Die Chemie stimmt für Gespräche über brennende Fragen der Zeit.Gottfried Locher ist der oberste Reformierte im Land. Dennoch haben Amt und Ehre weder seinen Habitus noch sein Auftreten verdorben. Vor dem Fussballspiel isst er mitten in den Fans eine YB-Wurst. Er erklärt sich ohne Zögern bereit, einer Prostituierten und deren Schicksal zu begegnen. Auf der Kirchenfeldbrücke steht die Frage an, ob ein Mensch seinem Leben ein Ende setzen darf. Von Zeit zu Zeit zieht er sich ins Benediktinerkloster Einsiedeln zurück, um dort aus den Tagen der Einkehr neue Kraft zu schöpfen. Vielversprechend sind daher seine ökumenischen Bestrebungen und die Verbindung zur katholischen Kirche. Locher beisst sich nicht an trennenden Spitzfindigkeiten fest. Er hat ein offenes Herz. Glaubwürdig stellt sich der privilegiert besoldete Geistliche in einer Predigt im Berner Münster den Fragen nach der weltweiten Armut. Und im Eingang zu Lochers Wohnung vor dem Bild des Jüngsten Gerichts, wo er gefragt wird, ob er denn zu meinen wisse, in welche Abteilung des Himmels oder der Hölle er dereinst gerate, fällt seine Antwort klar aus. Die Kirchen stehen seit geraumer Zeit im Clinch. Mit ihnen auch die Pfarrer.Hier steht einer hin und spricht offen, verständlich, ohne salbungsvolle Pfarrherrlichkeit. Gottfried Locher hat den theologischen Elfenbeinturm verlassen. Er bewegt sich im Alltag der Menschen, nimmt auf, was sie bewegt. Seine Antworten kommen nicht von der Kanzel, obwohl sie vom eindeutigen Standpunkt des Theologen zeugen. Aber sie laden die Leserschaft ein, seine Gedanken zu eigenen Überzeugungen weiterzuspinnen.Josef Hochstrasser ist Provokateur. Auferstehung versteht er als Aufstehen gegen ungerechte Verhältnisse. Das sei Ostern, sagt er. Ein idealer Partner also, um den Kirchenoberen herauszufordern.