Hat die semantische 'Antinomie des Lügners' eigentlich irgendetwas mit Lügen zu tun? Was ist das überhaupt, eine Lüge? Übersieht der Verfasser des'‘Briefs an Titus' wirklich ein Paradox, wenn er der Behauptung des Kreters Epimenides zustimmt, dass die Kreter allesamt Lügner sind? Was muss man beim Umgang mit selbstbezüglichen Sätzen – beim Verneinen, Schließen und Übersetzen – auch dann beachten, wenn sie paradoxienfrei sind? Das sind die Fragen, die diese Abhandlung zu beantworten versucht. Ausgangspunkte sind Bolzanos Diagnose des Trugschlusses vom Geständigen Lügner, seine Analyse des Begriffs der Lüge und seine Auseinandersetzung mit Savonarolas Exposition der Antinomie. Im Verlauf seiner Abhandlung wirft Künne neues Licht auf die Geschichte des ‘Lügners' und der Auslegung des Lügner-Dictums im Neuen Testament.