In dieser ersten großen Kulturgeschichte Weimars seit Jahrzehnten zeigt Annette Seemann anschaulich, wie schon früh ein "Mythos Weimar" entstand, und geht den verborgenen Verbindungslinien nach, die von Luther über Bach zu Goethe und weiter bis zum Bauhaus und zur Weimarer Verfassung führen. Weimar erscheint wie ein Kondensat deutscher Kultur und Geschichte: Luther wurde von hier aus politisch protegiert, und Johann Sebastian Bach wirkte am Weimarer Hof. Als Wahlheimat von Goethe und Schiller wurde die Stadt zum Zentrum der deutschen Klassik. Franz Liszt fühlte sich von der Aura Weimars magisch angezogen. Der geistig umnachtete Friedrich Nietzsche wurde nach Weimar geholt, damit er sich in die Reihe der Klassiker einfüge. Das Bauhaus entstand in Weimar, und nicht zufällig wurde hier die Weimarer Verfassung aus der Taufe gehoben. Aber auch das Konzentrationslager Buchenwald mit seinem Terror und seiner Untergrund-Kultur gehört zur Geschichte der Stadt. Adolf Hitler, Stalin und die DDR-Oberen machten sich den "Geist von Weimar" zunutze, aber letztlich, so zeigt Annette Seemann in ihrem eindrucksvollen Buch, hat "Weimar" als Inbegriff von Humanität, Freiheit und Bildung allen Vereinnahmungsversuchen widerstanden.