Die in der vorliegenden Themenstellung "Zur Lage der Familie und der Familien politik in der Bundesrepublik Deutschland"l angesprochenen Objektbereiche "Familie" und "Familienpolitik" sind in dieser Verbindung in soziologischen Untersuchungen nur selten anzutreffen. Während familienpolitische Fragestellungen eher von Politik wissenschaftlern verfolgt werden, hat sich die Familiensoziologie in der Bundesrepublik weitgehend auf die Behandlung von Fragen konzentriert, die im engeren Sinne Merk male der Familie betreffen. Im Zuge der seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ständig fortschreitenden funktionalen Differenzierung des Wissenschaftssystems erfolgte eine scharfe Abgrenzung soziologischer und politikwissenschaftlicher Theorien, die sich auch im Bereich der wissenschaftlichen Behandlung von Familie niederschlägt. Insofern hat von der grundsätzlichen Fragestellung und Behandlungsweise her ein Bruch stattgefunden zu einer Forschungstradition, die im 19. Jahrhundert einsetzte 2 und die im Werk W. H. Riehls ihren exemplarischen Ausdruck gefunden hat ; denn Riehl, der als Begründer der deutschen Familiensoziologie anzusehen ist, verknüpfte familiensoziologische Fragestellungen mit solchen familien- und gesellschaftspolitischer Art und versuchte, dadurch eine Analyse von Familie zu erbringen. Es ist bekannt, daß die Ergebnisse dieses Vorgehens bei Riehl nur begrenzt sind, da dieser sich einerseits auf eine Beschreibung der festzustellenden Sachverhalte beschränkte und andererseits durch ideologische Verzerrungen den Zusammenhang von Familie und Familienpolitik 3 einseitig im Sinne der damals herrschenden Politik aufnahm . Wenn also die Riehlsche Untersuchung trotz der dort zugrundegelegten Verknüpfung familiensoziologischer und familienpolitischerFragestellungen insgesamt keine gesellschaftstheoretisch fundierte Analyse von Familie erbracht hat, so darf das nicht dazu führen, den dort im merhin gesehenen Zusammenhang aufzulösen.