Für mich bedeutet die Herausgabe dieses Buches die dankbarste Aufgabe meiner 34jährigen Tätigkeit als Journalist. Was die Unterschiedlichkeit der Interviewpartner betrifft, den Reichtum an Gedanken und Gefühlen, so gibt es, zumindest soweit meine Erinnerung reicht, keinen Bericht über das chi nesische Volk, weder von einem chinesischen noch von einem ausländi schen Autor, der diesem Buch gleichkäme. Das Buch enthält in Interviewform die Ansichten und Einsichten von 100 ganz normalen Chinesinnen und Chinesen. Es ist sicherlich nicht über trieben, wenn ich sage, daß diese hundert Leute jeden nur vorstellbaren Aspekt der chinesischen Gesellschaft repräsentieren. Sie kommen aus allen Lebensbereichen: ein Hundertjähriger und ein Grundschüler; ein alter Kämpe der Kommunistischen Partei Chinas und ein ehemaliger Kuomin tang-General, der in einem der größten Gefechte des Bürgerkriegs in Gefan genschaft geriet; der Bürgermeister einer im Aufstieg begriffenen mittleren Industriestadt und jemand, der die öffentlichen Bedürfnisanstalten sauber hält; ein Hochschulprofessor, eine Tänzerin und ein Eisverkäufer; ein neu zu Reichtum gekommener Unternehmer und ein Kebabverkäufer aus dem abgelegenen Xinjiang . . . Kurz, es sind Menschen, denen man jederzeit in jeder Groß- oder Kleinstadt, in jedem Dorf überall in China begegnen könnte. Auffallend ist dabei vor allem, wie freimütig geredet wird. So erzählen ein Friseur aus Guangdong im Süden, der jetzt in Beijing arbeitet, und ein privater Taxifahrer aus Shanghai ganz offen, daß sie in erster Linie ans Geldverdienen denken. Ein Imam vertraut uns an, wie es ihm gelingt, die Harmonie zwischen seinen beiden Ehefrauen aufrecht zu erhalten.