Der Band bietet den bearbeiteten Abdruck, die Übersetzung und philosophiehistorische Kommentierung von zwei mittelhochdeutschen Predigten, deren philosophischer Anspruch sie über Gleichgeartetes im 14. Jahrhundert erhebt. Einer der unbekannten Autoren konfrontiert die dominikanischen Theoriemodelle des Thomas von Aquin, Meister Eckharts und des Dietrich von Freiberg, übersetzt den Gelehrtendisput zu aristotelischer Vernunftlehre und Gnadentheologie in die Volkssprache. Im Zentrum der Predigten steht die Frage, ob des Menschen Glückseligkeit mittels höchster Vernunfttätigkeit oder allein über Gottes Gnadenhilfe zu erlangen ist. Neben Kerntheoremen des 1329 für häretisch befundenen Eckhart’schen Werks bietet die „Lehre von der Seligkeit“ eine ungewöhnliche Darstellung von Dietrichs Vernunftlehre im Medium der Volkssprache. Dem Text ist die erstmalige Transkription einer ostniederländischen Abschrift beigefügt. Neben der Fund- und Rezeptionsgeschichte wird zeitbezogen dargestellt, wie die aristotelische Vernunftlehre seit dem 13. Jahrhundert in die Schultheologie eindrang und welche Probleme und Lösungswege für die Glückseligkeitslehre daraus erwuchsen. Erstmals sind diese zwei außergewöhnlichen Textzeugnisse Teil einer komplex angelegten Studie, die für Germanisten, Philosophen und Theologen gleichermaßen interessant ist.