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Erkenntnisse eines Tankwarts

Autor
Labruffe, Alexandre

Erkenntnisse eines Tankwarts

Untertitel
Aus dem Französischen von Cornelius Wüllenkemper
Beschreibung

Der Debütroman des französischen Autors Alexandre Labruffe erzählt auf geistreich humorvolle Weise vom Leben und Leiden des jungen Tankwarts Bouvier, der als Relikt einer überkommenen Epoche die tagtägliche Monotonie seines Jobs überbrückt, indem er die Rolle eines philosophierenden Gesellschaftschronisten einnimmt.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Wagenbach Verlag, 2023
Seiten
144
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-8031-1377-1
Preis
22,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Alexandre Labruffe, geboren 1974 in Bordeaux, war mehrere Jahre lang in China und Südkorea tätig. Zurück in Paris hat er in zahlreichen künstlerischen Projekten, vor allem am Theater und fürs Kino gearbeitet. »Erkenntnisse eines Tankwarts« ist sein erster Roman.

Zum Buch:

„Es gibt sechs Sinne, sieben Weltwunder, vier Jahreszeiten, sieben Tage, zwölf Heldentaten, acht Planeten im Sonnensystem, fünf Dimensionen und in der fünften Dimension eine einzige Tankstelle, in der diese Geschichten kursieren. Meine.“

Als eine Art Wegkreuzung der Randständigen befindet sich Beauvoirs Tankstelle im Nirgendwo der Pariser Stadtautobahn zwischen einem wenig frequentiertem Hotel mit defekter Neonreklame und einem zum Abriss freigegebenen Sozialbau. Sonderlich viel zu tun gibt es daher nicht für den Fan von Fußnoten und industriell hergestellten Sandwiches, weshalb er sich die Zeit mit Literatur und B-Movies in Dauerschleife vertreibt oder im Wissen, Relikt einer überkommenen Epoche der Erdölindustrie zu sein und somit als Tankwart demnächst ausgedient zu haben, auf ironisch sentimentale Weise über „die gewaltige, intensive Sinnlichkeit der Tragödie“, den „Rückgang der öffentlichen Trunkenheit“ sowie „die Cola-Zerofizierung der Menschheit“ sinniert.

Wie aus der Warte eines kritischen Chronisten dokumentiert Beauvoir nebenbei die wenigen Begegnungen mit Kunden, auch sie bereits Teil einer Vergangenheit, und kommentiert deren Besonderheiten. Das sind beispielsweise der Mann, der hin und wieder eine Tankfüllung gegen Naturalien tauschen will – und sei es eine Styroporkiste voller lebender Langusten, die junge, attraktive Asiatin, die jeden Dienstag zur gleichen Zeit eine Tüte Zwiebelchips kauft, nur um daraufhin wortlos ins Nirgendwo zu verschwinden, oder die beiden Polizisten, die sich für eine kurze Verschnaufpause an den Tresen setzen, sich sprudelwassertrinkend Blicke zuwerfen, bevor sie ihn, Beauvoir, über mögliche Vorkommnisse ausfragen und er nicht weiß, ob er ihnen von dem seltsamen Licht in dem Abrisshaus erzählen soll oder von den Büchern, die er ab und zu zur Aufbewahrung erhält und aus denen Zettel mit kryptischem Nachrichten fallen.

In geradezu poetischer Kraft und Wortgewandtheit blickt Alexandre Labruffes moderner Antiheld wie durch ein Brennglas auf unsere Gesellschaft und lässt es dabei nicht an Ironie, Dramatik und schwärzestem Humor fehlen.

Axel Vits, Köln