Zum Buch:
Ein Mann ist einfach nicht dafür geschaffen, sich ein Leben lang an eine einzige Frau zu binden. Das verstößt gegen die Gesetze der Natur.
Dieser Ansicht ist zumindest Bambi, der Icherzähler im neuen Roman der nigerianischen Autorin Oyinkan Braithwaite, die mit Das Baby ist meins hautnah an ihren Erfolg von Meine Schwester, die Serienmörderin anzuknüpfen versteht.
Bambi ist ein überheblicher Mittdreißiger, der soeben aus der Wohnung seiner Freundin Mide geflogen ist, nachdem diese Fotos auf seinem Mobiltelefon entdeckt hat. Fotos, die zweifelsfrei beweisen, dass er es mit der Treue nicht so genau nimmt. Alle Erklärungsversuche und noch so ernst gemeinten Liebesbeteuerungen prallen an Mide ab. Sie setzt ihn eiskalt vor die Tür.
Das Problem ist: Bambi hat keine eigene Wohnung. Erschwerend kommt hinzu, dass er sich während des Corona-Lockdowns, der auch Lagos im Griff hält, nicht einmal draußen aufhalten dürfte.
Also steigt er kurz entschlossen in das Haus seiner Tante ein, die kürzlich erst ihren Mann an das Virus verloren hat und die er bei Verwandten vermutet.
Doch die Tante ist gar nicht verreist. Darüber hinaus befindet sich auch die Geliebte seines Onkels im Haus. Und als ob das noch nicht genug wäre, streiten sich die Frauen, die beide kürzlich erst entbunden haben, bis aufs Blut um ein Baby.
Bambi, der mit einem Mal so etwas wie ein Verantwortungsgefühl bei sich entdeckt, ist um das Wohl des Babys besorgt und will herausfinden, wer nun wirklich die Mutter ist. Eine der beiden hat ihr Kind nur wenige Tage nach der Geburt verloren. So viel steht fest. Nur welche? Abgesehen davon muss Bambi sich die Frage stellen, ob er nicht sogar selbst der Vater sein könnte, denn vor etwa neun Monaten und nur für eine einzige Nacht der Untreue ist die Geliebte seines Onkels auch die seine gewesen.
Wenn auch mit gerade mal 125 Seiten reichlich knapp bemessen, ist Das Baby ist meins dennoch eine ähnliche Achterbahnfahrt wie bereits Oyinkan Braithwaites hochgelobter Debütroman . Das Personal ist mehr als überschaubar, die Handlung gerät bereits ab Seite 10 zum Kammerspiel, aber dennoch oder gerade deswegen rasen die Seiten nur so dahin, und am Ende der Geschichte fühlt sich der Leser in höchstem Maße gut unterhalten. Und da das Ende auf gewisse Weise offenbleibt, ist angenehmes Kopfkino gleich mit inbegriffen.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln