Zum Buch:
Das von verschiedenen öffentlich rechtlichen Hörfunkanstalten co-produzierte Feature über Fidel Castro kommt in einer hochwertig und interessant gestalteten Verpackung in Gestalt einer kubanischen Zigarillo-Packung daher. So weit, so gut. Was dann jedoch die Hörer des Features erwartet, ist eine von starken Anti-Castro-Stimmungen durchtränkte Auswahl von mehr oder minder zutreffenden Anklagen gegen den sicherlich sehr umstrittenen und charismatischen Revolutionär.
In scheinbar neutral vorgetragener Form formuliert Voss einen fiktiven Brief an den lieben Fidel Castro, in dem sie ihn in subtiler Form und unter Heranziehung der Urteile etlicher Exilcubaner und deutscher Experten wie u.a. Olaf Henkel als waschechten Diktator entlarvt. Weiter unterstellt sie ihm einen von einem psychologischen Kindheitstrauma (strenger Vater: wer vergibt, verliert) erzeugten pathologischern und gewalttätigen Machtdrang (zum Zwecke der Machterhaltung gehe er nicht nur über Leichen, sondern sogar im Notfalle über die seiner Freunde). Zwar sei er kein Diktator oder Tyrann wie Stalin oder Hitler, aber zumindest einer im Sinne Ludwigs des XIV. (Der Staat bin ich). So habe er das Land ruiniert und die Jugend wolle endlich mehr Kapitalismus. Er gefalle sich selbst in der Rolle des zum ewigen Heldentum verurteilten (Don Quijote) und selbst Che Guevara hätte sich heute auf Vermutung der Autorin längst gegen den Autokraten Castro gestellt, wenn er denn nicht schon 1967 in Bolivien gestorben wäre.
Positives über Fidel Castro kommt wenn überhaupt nur in Nebensätzen zur Erwähnung.
So ist dieses Feature zwar recht nett gemacht und wer seine negativen Vorurteile gegen Castro bestätigt finden möchte, findet hier genügend Futter. Wer sich jedoch halbwegs objektiv über das Leben und Wirken Fidel Castros informieren möchte, greife lieber zu einer der gängigen Biographien oder Chroniken.
Klaus Brieskorn (Bücher zu Lateinamerika)