Sachbuch

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Buchempfehlungen Sachbuch

Autor
Braun, Christina von

Der Preis des Geldes

Untertitel
Eine Kulturgeschichte
Beschreibung

In ihrer brillanten Analyse der Geschichte des Geldes stellt Christina von Braun die Frage in den Mittelpunkt, warum wir an die Macht eines Systems glauben, das kaum jemand mehr versteht.

„Das Kapital“, bemerkt Marx irgendwo, „lebt aber nicht nur von der Arbeit. Ein zugleich vornehmer und barbarischer Herr, zieht es mit sich in die Gruft die Leichen seiner Sklaven, ganze Arbeiterhekatomben, die in den Krisen untergehen“. Was Marx so bildgewaltig beschreibt, beinhaltet im Kern die zentrale These, die Christina von Braun in ihrer Studie “Der Preis des Geldes. Eine Kulturgeschichte” entfaltet.
(Ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Aufbau Verlag, 2012
Format
Gebunden
Seiten
510 Seiten
ISBN/EAN
9783351027100
Preis
38,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Christina von Braun, 1944 in Rom geboren, Kulturtheoretikerin, Autorin und Filmemacherin. Ab 1988 Lehrtätigkeit an verschiedenen deutschen und Österreichischen Universitäten, seit 1994 an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Zum Buch:

„Das Kapital“, bemerkt Marx irgendwo, „lebt aber nicht nur von der Arbeit. Ein zugleich vornehmer und barbarischer Herr, zieht es mit sich in die Gruft die Leichen seiner Sklaven, ganze Arbeiterhekatomben, die in den Krisen untergehen“. Was Marx so bildgewaltig beschreibt, beinhaltet im Kern die zentrale These, die Christina von Braun in ihrer Studie Der Preis des Geldes. Eine Kulturgeschichte entfaltet. Unter einer ‚Hekatombe’ verstand man im antiken Griechenland ein Opfer von 100 Stieren. Von Braun zufolge ist Geld das Resultat einer Reihe von Substituierungen, die im Opferkult ihren Ausgang nimmt. Um den menschlichen Eingriff in die göttliche Natur zu sühnen, seien in den ersten sesshaften Gesellschaften den Göttern Tiere geopfert worden, die als symbolischer Ersatz für das Menschenopfer fungiert hätten, bis an die Stelle der Tiere schließlich das Geld getreten sei. Aufgrund dieser ursprünglich sakralen Funktion werde ihm, so der erste Teil der These, bis heute Glauben geschenkt, obwohl seine Werthaltigkeit rein imaginär ist. Der zweite Teil besagt, dass das nunmehr geradezu körperlose, weil immaterielle Geld des Finanzkapitalismus wieder zu seinen Ursprüngen zurückkehre, insofern menschliche Körper dazu dienten, ihm Geltung zu verschaffen: „Es festigt seine Glaubwürdigkeit, wenn einige dran glauben müssen“. Marx erscheint als Gewährsmann dieses Gedankens, wenn er den Arbeitern einen sakral verbrämten Opferstatus zuschreibt. Von Braun geht jedoch noch einige Schritt weiter, indem sie Phänomene wie z.B. Organ- und Menschenhandel, Söldnerwesen und Prostitution in ihre Überlegungen einschließt, die der heraufziehende Biokapitalismus der Verwertungslogik unterwirft.

Die These, dass das Geld und der Opfergedanke aufs engste miteinander verflochten sind, ist der rote Faden der Darstellung von Brauns. In weit gespannten Erzählbögen zeichnet sie die historische Entwicklung des Geldes von der Antike bis in die Gegenwart nach, beleuchtet seine Auswirkungen auf Individuum und Gesellschaft. Der Schwerpunkt liegt auf der ‚westlichen’ Geschichte, die Perspektive wird jedoch punktuell komparatistisch erweitert. Zu den Vorzügen dieser Studie gehören darüber hinaus ihre Sensibilität für geschlechtertheoretische Fragen und ihre an Foucault geschulte Skepsis gegenüber herkömmlichen kausalen Erklärungsmustern, die zu hinterfragen und umzudrehen von Braun anregt.

Die Studie versammelt zweifellos eine Fülle von spannenden wie erhellenden Einzelaspekten, der Preis dafür ist jedoch mancherorts ein Mangel an Plausibilität. Die Lektüre fällt aus diesen Gründen nicht immer leicht. Ein argumentativer Parforceritt führt so innerhalb von vier Seiten vom Artemiskult der griechischen Antike über den modernen spanischen Stierkampf zurück zur mittelalterlichen Bildkultur. Für Diskussionsstoff hat von Braun damit allemal gesorgt.

Malte Kleinjung, Frankfurt am Main