Zum Buch:
Es ist die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Der kauzige alte Gärtner Pinnegar – hinter seinem Rücken Old Herbaceaus wegen seiner “Herbitzigkeit” genannt – blickt zurück auf ein langes Leben, das er stets am gleichen Ort verbracht hat: dem großen Garten des Landsitzes von Mrs. Charteris.
Herbert Pinnegar ist ein Findelkind, hinkt leicht auf einem Bein und ist ein Außenseiter in der Schar der Dorfkinder. Seiner Lehrerin verdankt er die Liebe zu Blumen und Pflanzen, und als Vierzehnjähriger erhält er die Chance, eine Lehre als Gärtnergehilfe im Garten des Herrenhauses zu machen. Damals gab es wenig maschinelle Hilfe bei der Bestellung großer Anwesen, dafür war die menschliche Arbeitskraft billig. So arbeiteten dort große Mengen von Gehilfen, Gesellen, Gärtnern – und über allen steht der Obergärtner. Langsam steigt Pinnegar auf in die Gruppe der Gesellen, bekommt Verantwortung für ein Gewächshaus. Aber seine Vorschläge und Ideen werden auf eine harte Probe gestellt. Alles ist in einer festgefügten Hierarchie erstarrt. Ihm ist “als warte er am Fuß einer langen Leiter; auf jeder Sprosse über ihm steht einer, und keiner rührt sich. Jedes Mal, wenn er versucht hochzusteigen, tritt ihm der Kerl von eins weiter oben auf die Finger und verbittet sich die Drängelei.” Aber er macht seinen Weg, wird schließlich Obergärtner und “sein” Garten zum bewunderten Schmuckstück. Doch auch vor dieser Welt machen Krieg und gesellschaftliche Veränderungen nicht halt
Das hübsch eingebundene Buch (mit Lesebändchen) ist ein kleines Wunder. Leise, humorvoll und ironisch schildert Reginald Arkell auf herrlich altmodische Weise siebzig Jahre Leben und Arbeit in einer Klassengesellschaft, in der bis zum zweiten Weltkrieg jeder seinen Platz kannte (und wenig Chancen hatte, ihn zu verlassen – zumindest auf dem Land). Arkell prangert das nicht an, beschönigt es aber auch nicht. Sein Gärtner Pinnegar kommt gar nicht auf die Idee, dies in Frage zu stellen, obwohl er lange auf seinen Aufstieg warten muss und sich an seinem Obergärtner reibt. Bis er selbst diesen Posten hat. Er hat nie geheiratet, vermisst dies auch nicht. Er hat ein rundum erfülltes Leben. Seine stille Liebe gehört seiner Herrin, die ihm ihr Reich anvertraut hat.
Das ist ungeheuer anrührend zu lesen und hat etwas davon, was die alte Fernsehserie “Haus am Eton Place” so tröstlich machte: was auch geschieht, man bewahrt Haltung. Das Buch ist 1950 in England erschienen, und Arkells Können besteht darin, auch den heutigen Leser spüren zu lassen, dass es ihm nicht um die Verklärung der damaligen Verhältnisse geht, sondern um das genaue Abbild einer Zeit und einer Gesellschaft, die untergegangen sind. Wer so etwas mag, wird beglückt sein!
Ruth Roebke, Autorenbuchhandlung Marx & Co., Frankfurt