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Autor
Kat, Otto de

Julia

Untertitel
Roman. Aus dem Niederländischen von Andreas Ecke
Beschreibung

Am Beginn des Romans steht der Freitod von Christiaan Dudok. Sein Leben lang hat er sich nicht verziehen, dass er die Frau, die er wie später keine andere mehr geliebt hat, damals, 1938, in Nazi-Deutschland zurückgelassen hat.

Verlag
Insel Verlag, 2010
Format
Gebunden
Seiten
168 Seiten
ISBN/EAN
978-3-458-17465-3
Preis
19,80 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Otto de Kat, 1946 geboren, studierte niederländische Literatur an der Universität Leiden. 1986 gründete er mit Uitgeverij Balans seinen eigenen Verlag; seither lebt er als Verleger und Autor in Amsterdam. Sein Roman Sehnsucht nach Kapstadt war nominiert für den größten belgischen Literaturpreis für Niederländisch schreibende Autoren, De Golden Owl 2005, und wurde ausgezeichnet mit dem niederländischen Halewijn-Literaturpreis

Zum Buch:

Es sind nicht selten ganz schmale, nur um die 150 Seiten zählende Bücher, die bei mir den tiefsten Leseeindruck hinterlassen. Die Kunst der Verdichtung beherrschen allerdings nur wenige. Davon zeugen nicht zuletzt die Berge an dicken Wälzern, die Jahr für Jahr tsunamiartig über die Buchhandlungen rollen, ohne dass mehr Inhalt mehr Qualität bedeuten würde.  

Der niederländische, bei uns bedauerlicherweise wenig bekannte Autor Otto de Kat gehört für mich, nachdem ich zwei seiner Bücher gelesen habe, zu den Meistern der wenigen Worte. Schnörkellos, direkt und in einer angenehm klaren, einnehmenden Sprache deutet er vieles nur an, lässt Raum für eigenes Denken und Fantasieren. Die oftmals spröden, dürr anmutenden Sätze erzeugen einen gewaltigen Nachhall. Wie bereits in seinem 2006 in deutscher Übersetzung erschienenen Buch „Sehnsucht nach Kapstadt“  ist der Protagonist ein junger Niederländer, der dem Leben, das ihm zugedacht ist, mit seiner erwartbaren Enge und Ereignislosigkeit sowie den gesellschaftlichen Zwängen zu entfliehen versucht. Auch der zeitliche Rahmen ist ähnlich. Setzt die Handlung von „Sehnsucht nach Kapstadt“ 1935 ein, so beginnen die Erinnerungen an die Zeit mit Julia ein Jahr vor Ausbruch des 2. Weltkriegs. Und in beiden Romanen geht es um Verlust, um das Verschwinden geliebter Menschen.   Christiaan Dudok, Sohn eines wohlhabenden Maschinenbaufabrikanten, designierter Nachfolger in der Firma, ausgestattet mit einer Verlobten, die er nicht liebt, aber heiraten soll und wird, versucht die Flucht aus dem vorbestimmten Leben. Er macht ein Praktikum in einer Fabrik in Lübeck, wo er Julia kennen und lieben lernt. Julia ist keine Nazi-Anhängerin, und als sie mit der Staatsmacht in Konflikt gerät, schickt sie Christiaan in die Niederlande zurück, zu seiner und zu ihrer Sicherheit, wie sie beteuert. Er folgt ihrem Rat und bereut das zeitlebens. In vorgetäuschter Normalität umgibt sich Dudok nach seiner Trennung von Julia mit einem schützenden Panzer aus Freundlichkeit und Distanziertheit, lässt weder eigene Gefühle zu noch die anderer Menschen an sich heran. Warum Dudok sich aber letztendlich, nach so langer Zeit das Leben nimmt, soll hier nicht verraten werden. Otto de Kat zeichnet in Christiaan Dudok einen Menschen, der sein Leben in dem Bewusstsein gelebt hat, eine falsche Entscheidung getroffen zu haben.   Was ich aber an dieser Stelle nur zu gerne verrate, ist, dass ich so schnell wie möglich auch noch „Mann in der Ferne“, das dritte ins Deutsche übersetzte Buch des großartigen Otto de Kat lesen werde.   Ralph Wagner, Ypsilon Buchladen & Café, Frankfurt