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Autor
Klobouk, Alexandra

Polymeer

Untertitel
Eine apokalytische Utopie
Beschreibung

Polymer. Also Plastik. Und das wirklich überall. Sogar im Meer. Und zwar Millionen Tonnen. Soviel, dass man eine ganze Insel daraus bauen könnte. Nur, wer käme auf eine solch abseitige Idee? Natürlich ein Holländer. Nero van Dijk bastelt – notgedrungen, denn die Eiskappen sind längst geschmolzen und das Meer steigt und steigt – an einer unmöglichen Erfindung. Und siehe da, es klappt! Eine wirklich gelungene, ebenso lehrreiche wie eindringlich warnende Bildergeschichte, die Alexandra Klobouk da geschaffen hat. Sie belässt es nicht bei einem mahnenden Zeigefinger, sie reckt gleich die ganze Faust.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Onkel & Onkel Verlag, 2012
Format
Gebunden
Seiten
48 Seiten
ISBN/EAN
978-3-940029-91-1
Preis
19,95 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Alexandra Klobouk, geboren 1983 in Regensburg, studiert noch an der Kunsthochschule Weißensee und arbeitet dort an ihrem Abschluss rund um das Thema „Wasser“. 2010 erschien im Onkel & Onkel Verlag ihr hochgelobtes Buch Istanbul, mit scharfer Soße?

Zum Buch:

Die Fakten: 300 000 000 Tonnen Plastik werden weltweit jährlich produziert, und nur ein Bruchteil davon wird effektiv recycled. Von sämtlichem Kunststoff, der je hergestellt wurde, sind noch 90 % auf der Erde zu finden. Genug, um die Weltkugel sechs mal komplett in Folie einzuwickeln. Zwischen der Westküste Nordamerikas und Japan zirkuliert ein Meereswirbel, in dem ca. 100 000 000 Tonnen Kunststoffmüll treiben, die durch Wind, Sonne und Gezeiten zu winzigen Partikeln zerrieben werden, und es ist praktisch unmöglich, das Zeug wieder herauszufischen. Meerestiere halten diese teils hochgiftigen Plastikteilchen für Futter und fressen sie. Und wir essen die Meerestiere.

Die Idee: Bei gleichbleibendem Zustrom von Plastik werden im Jahr 2043 geschätzte 200 000 000 Tonnen Plastikmüll im Nordpazifik zirkulieren. Ein holländisches Architekturbüro hat ausgerechnet, dass das eine Fläche von 40 000 Quadratkilometern ergeben würde. Was der Gesamtfläche der Niederlande entspricht.

Die Geschichte: Das Jahr 2043. Die Pole sind vollends geschmolzen, der Meeresspiegel steigt ununterbrochen. Nero van Dijk, Doktorand der Chemie aus Utrecht, steht auf seinem Leuchtturm und stellt mit Entsetzen fest, dass Holland weg und um ihn herum nur noch Wasser ist. Und das steigt bedrohlich rasch.
Nero klettert auf das Dach des Leuchtturms, nur um sogleich von einer heranbrausenden Riesenwelle weggespült zu werden. Er kann sich zwar an einen schwimmenden Plastikschrank klammern. Dafür treibt er jedoch ziellos umher, ist Wind und Wetter ausgesetzt. Und seine Verzweiflung ist groß. Plötzlich strandet er. Doch es ist kein rettendes Land, auf das er da gestoßen ist, sondern ein riesiger schwimmender Teppich aus Plastikmüll.
Endlich wird er gerettet, und das ausgerechnet von einem Schiff der Schweizer Marine, das ihn in die Alpen bringt, dem Exil all der anderen Überlebenden.
Aber Nero van Dijk wäre nicht Nero van Dijk, Doktorand der Chemie aus Ex-Utrecht, wenn er sich nicht etwas einfallen lassen würde. Also bastelt er Tage um Tage herum, bis er es schließlich geschafft hat. Eine unmögliche Erfindung: der Magnetismus für Plastik! Und so fliegt er mit einem Zeppelin über den Teppich aus Plastikmüll, legt einen Hebel um und – der 7. Kontinent entsteht: Neuholland.

In ihrer genialen Bildergeschichte für Jugendliche und Erwachsene beschreibt die Kunsthochschülerin Alexandra Klobouk diesmal eine Art maritimen Super-GAU, ein Umweltkatastrophenszenario, das auf reinen Fakten beruht und kaum abzuwenden scheint, sollten nicht einschneidende Veränderungen stattfinden, und zwar nicht erst morgen, sondern besser schon gestern, spätestens aber heute. In einer gekonnten Mixtur aus Schwarzweiß und grellbunten Plastiktönen macht sie auf ironische, aber unmissverständliche Weise klar, worauf es ihr hier ankommt. Dies ist kein ökomoralisches Besserwisserbuch, sondern einfach nur ein humorvoller Wink mit dem Zaunpfahl. Geradezu buchpreisverdächtig.

Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln