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Zypern im Jahr 1956: Der Berufssoldat Henry Treherne, Dienstgrad Major, erwartet seine Frau Clara und die beiden einjährigen Zwillinge in Limassol. Nach sechsjährigem Aufenthalt in Deutschland ist Henrys Einheit nach Zypern verlegt worden, um die britische Kronkolonie gegen die EOKA, die griechisch-zypriotische Untergrundorganisation zu verteidigen, offiziell ein so genannter kleiner Krieg.
In der Danksagung nennt Sadie Jones eine ihrer Quellen, die Website britains-smallwars.com, eine Internetseite, die die Geschichte der kleinen Kriege Englands seit 1945 anhand von Augenzeugenberichten dokumentiert. Was genau bezweckt die Autorin mit dieser direkten Anspielung im Titel ihres Romans?
Der kleine Krieg auf Zypern, die Auseinandersetzung zwischen der britischen Kolonialmacht und der EOKA fordert den Einsatz des ganzen Henry Treherne, könnte sein Leben oder das seiner Frau und Kinder kosten. Wenn Henry in dieser Situation Gefühle zulässt, seien es Angst oder Zuneigung, meldet sich sofort auch sein Gewissen. Das aber muss er so unerbittlich wegsperren, wie man eigentlich die drei britische Soldaten hätte wegsperren müssen, die einheimische Frauen vergewaltigt und einen jungen Zyprer ermordet haben. Der Prozess gegen die Täter aber wird von Henrys Vorgesetzten, Colonel Borroughs, unterbunden. Henry glaubt keine Wahl zu haben: Will er seinen Dienst weiterhin pflichtbewusst leisten, muss er Clara, sein Gewissen, fort nach Nikosia schicken. Aber ausgerechnet dort wird sie Opfer eines Attentates. Sie überlebt. Henry sieht sich ein zweites Mal vor eine schwere Entscheidung gestellt.
Die Spannung zwischen Innenwelt und Außenwelt, aber auch zwischen Verantwortungsbewusstsein, Pflicht und Gewissen spielen in Sadie Jones zweitem Roman eine tragende Rolle. Eine der zentralen Botschaften ist vielleicht diese: Aus der Sicht dessen, der in einen Krieg verwickelt ist, ist der Krieg ein großer Krieg. Damals in Zypern wie heute in Afghanistan.
Susanne Rikl, München