Zum Buch:
Vertritt man einen Menschen, der eines Verbrechens beschuldigt wird, dann vertritt man zugleich ein Prinzip: den Rechtsstaat. Thomas Morus.
Beaverton, Oregon. Zwei Jahre nach den verheerenden Terroranschlägen von Madrid wird der US-amerikanische Rechtsanwalt Brandon Mayfield in seiner Kanzlei von Spezialagenten des
FBI festgenommen und in Handschellen abgeführt. Erst Wochen später erfährt er den genauen Grund für seine Verhaftung: Auf einer Tasche mit nicht explodierten Zündern, die in einem Lieferwagen in der Nähe des Madrider Bahnhofs sichergestellt wurde, befinden sich seine Fingerabdrücke.
Brandon Mayfield war noch nie in Madrid.
Camp Echo in Guantánamo. Zelle Nr. 12. Angekettet an einen in den Boden verankerten Metallring, sitzt der Sudanese Adel Hassan Hamad in seiner 6 mal 2,50 Meter großen Zelle und wartet. Sein Albtraum begann vor etwa drei Jahren, als ein schwerbewaffnetes Spezialkommando pakistanischer Sicherheitskräfte seine Wohnung in Lahore stürmte und ihn völlig grundlos festnahm. Zu diesem Zeitpunkt war Hamad Mitarbeiter einer von Saudis finanzierten Hilfsorganisation mit Sitz in Islamabad. Seine Papiere waren völlig in Ordnung; er war gerade nach einem Urlaub wieder in Pakistan eingereist und besaß somit ein gültiges Visum. Wie sich später herausstellte, wurde Hamad denunziert, da er sich geweigert hatte, Hilfsgüter an höherrangige Armeeschergen auszuhändigen. Erst ein Jahr später erfuhr seine Familie von seiner Verhaftung.
Anhand zweier Einzelschicksale beschreibt der renommierte Pflichtverteidiger Steven T. Wax die drastischen Auswirkungen, die der War on Terror der US-Regierung nach 2001 mit sich brachte. Gerade durch die eklatante Missachtung demokratisch verbürgter Menschenrechte sieht sich der engagierte Anwalt mit 34-jähriger Berufserfahrung in die Pflicht genommen.
Als ich mich für die Mitarbeit an den Guantánamo-Verfahren meldete, wusste ich nicht, ob die Mandanten, die man mir zuweisen würde, Terroristen oder unschuldig Verhaftete waren. Dafür wusste ich jedoch, dass der Rechtsstaat bedroht war und dass der Kampf um dessen Fortbestand der wichtigste Rechtsstreit war, den man sich nur vorstellen konnte.
Auch wenn der Autor von Kafka in Amerika an manchen Stellen vielleicht zu sehr ins Detail geht und somit den Lesefluss ein wenig hemmt, handelt es sich hier um ein Buch, das weit über die reinen Fakten hinaus geht. Da ist auch viel Leidenschaft mit dabei, keine Frage. Dennoch erhält man, gerade durch die profunde Sachkenntnis des Autors, einen dem Laien leicht verständlichen Einblick in das, was sich hinter den Kulissen des amerikanischen Rechtssystems abspielt, und man denkt nur allzu oft, das darf doch nicht wahr sein, oder? Das kann doch nicht sein.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln