Zum Buch:
Es gibt Bücher, die kann man nicht besprechen, die muss man lesen – und sich dann mit anderen den Kopf darüber heiß reden. Wackelkontakt gehört eindeutig dazu. Was man zum Inhalt sagen kann, ohne den LeserInnen damit diesen so glorreichen Spaß zu verderben, ist vielleicht dies: Franz Escher (nein, der Name ist kein Zufall!), Trauerredner von Beruf, alleinlebend, ist ein grüblerischer Sonderling ohne großes Interesse an menschlichen Kontakten. Er ist ein leidenschaftlicher Zusammensetzer von Kunst-Puzzles von 500 Teilen an aufwärts und liest viel, aber ausschließlich Bücher über die Mafia – Romane, Reportagen, Dokumentationen. Während er auf den Elektriker wartet, der eine kaputte Steckdose reparieren soll, liest er ein Buch über Elio Russo, einen jungen Mafioso, der gut bewacht als Kronzeuge im Gefängnis sitz, darauf wartet, ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen zu werden und in seiner Zelle ein Buch über einen Trauerredner namens Franz Escher liest, der auf den Elektriker wartet, der eine kaputte Steckdose reparieren soll … Und dann passiert furchtbar viel: Es gibt Tote, wieder auferstandene Tote, eine Entführung, eine verunglückte und – vielleicht – beginnende Liebesgeschichte, unerwarteten Reichtum, Reisen und haufenweise Chaos. Das alles erfahren wir aus den beiden Büchern, die auch Franz und Elio lesen, und verstehen genauso wenig wie sie, wie das alles sein kann.
Haas gelingt es hier, aus M.C. Eschers „unmöglichen“ Bildern und Vexierbildern einen Plot zu bauen, der nicht nur sprachlich wie inhaltlich überzeugt, sondern vor allem ein ungeheuer intelligentes, bestechend schönes philosophisches Spiel mit der Wirklichkeit ist. Und wer jetzt meint, das klinge aber denn doch zu konstruiert und kompliziert und vor allem mühsam zu lesen, der besorge sich das Buch und sei sicher: Es liest sich spannend wie ein Brenner-Krimi, reizt immer wieder zu homerischem Gelächter und bietet zudem ungeheuer gute und intelligente Unterhaltung. Und wer dazu noch Spaß am – literarischen – Puzzeln hat, wird bestimmt bald wieder zu Wackelkontakt greifen, um all die Steinchen zu finden und an die richtige Stelle zu setzen, die beim ersten Versuch noch fehlten – und dazu muss man gar nicht mal auf die Post warten (huch, jetzt hätte ich fast noch das Ende verraten, sorry). In jedem Fall bitte dringend lesen, lesen, lesen – auch dann, wenn man gerade nicht auf den Elektriker wartet!
Irmgard Hölscher, Frankfurt a.M.