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Anleitung ein anderer zu werden

Autor
Louis, Édouard

Anleitung ein anderer zu werden

Untertitel
Roman. Aus dem Französischen von Sonja Finck
Beschreibung

Der neue Roman von Édouard Louis erzählt die Geschichte vom Widerstand gegen die eigene Herkunft. Durch eine radikale Selbsttransformation versucht der junge Eddy Bellegeule, noch die letzten Reste seiner sozialen Herkunft abzustreifen und alle Spuren zu tilgen, die seine ursprüngliche Klassenlage verraten könnten. Was als sehr persönliche Reise beginnt, entwickelt sich dabei schnell zu einer allgemein-moralischen Fragestellung: Darf, soll, kann man sich seiner eigenen Familie, seinem ureigenen Umfeld überhaupt entledigen? Ist es gerecht, dabei auch noch Rache zu üben? Rache etwa für die Gewalt, die man – im großen wie im kleinen – in der eigenen Kindheit erfahren hat? Und wenn man könnte: Wäre es eine gute Idee?
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Aufbau Verlag, 2022
Seiten
272
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-351-03956-1
Preis
24,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Édouard Louis, geboren 1992, gilt als einer der wichtigsten Autoren der jüngeren Generation. Sein Roman »Das Ende von Eddy« machte ihn 2015 international bekannt. Er erzählte darin von seiner Kindheit in einem Dorf in Nordfrankreich in prekärsten Verhältnissen. In »Anleitung ein anderer zu werden« erzählt er davon, wie er die Grenzen seiner Herkunft hinter sich ließ. Seine Bücher erscheinen in 35 Sprachen und werden an Bühnen überall auf der Welt fürs Theater adaptiert. Zuletzt erschienen »Im Herzen der Gewalt«, »Wer hat meinen Vater umgebracht« sowie »Die Freiheit einer Frau«. Édouard Louis lebt in Paris.

Zum Buch:

Der neue Roman von Édouard Louis erzählt die Geschichte vom Widerstand gegen die eigene Herkunft. Durch eine radikale Selbsttransformation versucht der junge Eddy Bellegeule, noch die letzten Reste seiner sozialen Herkunft abzustreifen und alle Spuren zu tilgen, die seine ursprüngliche Klassenlage verraten könnten. Was als sehr persönliche Reise beginnt, entwickelt sich dabei schnell zu einer allgemein-moralischen Fragestellung: Darf, soll, kann man sich seiner eigenen Familie, seinem ureigenen Umfeld überhaupt entledigen? Ist es gerecht, dabei auch noch Rache zu üben? Rache etwa für die Gewalt, die man – im großen wie im kleinen – in der eigenen Kindheit erfahren hat? Und wenn man könnte: Wäre es eine gute Idee?

“Zeig es ihnen, beweis allen, dass du besser bist als sie.“

Louis zeigt die ganze Ambivalenz einer solchen Revanche – zwischen „Heimzahlen“ oder „Wiedergutmachen“ muss jeder Mensch einen eigenen Umgang mit seiner Vergangenheit finden. Dass diese letztere Seite in der deutschen Übertragung weitgehend abwesend bleibt, lässt umso deutlicher hervortreten, wie ernst es ihm mit dem Bedürfnis ist, stellvertretend für die ganze Welt Vergeltung zu üben. Eddy weiß genau, welche Wunden seine Transformation schlägt. Die Eltern: verstoßen, weil sie arm und ungebildet sind. Die Freunde: aufgegeben, weil sie nicht skrupellos genug sind. Eddy entschuldigt sich zwar für die Gewalt, mit der er seine kleine Welt nun selbst auf seinem Rachefeldzug überzieht – aber er bereut sie nicht, nicht eine Sekunde.

Die Strategie scheint zunächst aufzugehen: Eddy findet Anschluss an die Welt der Reichen, was sich schließlich in der Aufnahme an der wichtigsten Eliteschule in ganz Paris niederschlägt. Würde Eddy einfach seinen Gefühlen trauen, wüsste er, dass er tief im Feindesland steht. Doch anstatt die Faust gegen die schnöselhaften Kommilitonen zu erheben, die sich vom ersten Tag an über seinen provinziellen Namen lustig machen, lernt Eddy schnell, dass auch er sich an Regeln halten muss.

Louis’ Anleitung, ein anderer zu werden ist das Dokument einer realen existierenden Maschine, die sicherstellt, dass noch die vermeintlich radikalsten Ausreißer vom System der gesellschaftlichen Hierarchien immer wieder eingefangen werden. Ganz nebenbei erfährt man nun auch endlich mehr – und Systematischeres – über Edouard Louis’ eigene Geschichte. So entsteht auch eine ganz neue Perspektive auf seine bisherigen Veröffentlichungen.

Florian Geisler, Karl Marx Buchhandlung, Frankfurt a.M.