Zum Buch:
In Castle Freemans neuem Roman Herren der Lage gibt sich eine nicht geringe Anzahl Protagonisten sozusagen die Klinke in die Hand.
Da wäre zum einen Sheriff Lucian Wing, ehemaliger Deputy des beschaulichen Örtchens Cardiff in Vermont, der die Dinge gerne ruhig angeht und gerade Probleme damit hat, Big John auf die Spur zu kommen – einem riesigen, sieben Zentner schweren Keiler, der ausgebüxt ist. Dann ist da dessen resolute Frau Clemmie, die ihrem Mann gerne etwas an den Kopf wirft, wenn sie der Meinung ist, im Recht zu sein, und die es dabei manchmal nicht nur bei Worten belässt.
Zu nennen wäre weiterhin die alte Miss Truax, eine ehemalige Lehrerin, die zurückgezogen in einer Hütte im Wald lebt und eines Nachts von Schüssen aufgeschreckt wird, nachdem sie sich tags zuvor bereits über die seltsame Flötenmusik hinter ihrem Haus gewundert hat.
Da sind Pamela und Duncan, Ausreißer, die sich seit ein paar Tagen im Wald von Miss Truax verstecken und eigentlich nur Freunde sind, auch wenn Duncan das gerne anders sähe.
Des Weiteren tritt auf: Mr. Carl Armentrout, ein ebenso aalglatter wie zwielichtiger Anwalt aus New York, dessen Visitenkarte zu entnehmen ist, er sei Assistent für besondere Anlässe, und der für den reichen und mächtigen Magnaten Rex Lord arbeitet. Der wiederum ist der Stiefvater von Pamela und setzt alles daran, sie zurückzubekommen. Armentrout ist jedoch nicht alleine den weiten Weg bis nach Cardiff gereist, um Pamela aufzuspüren, er hat seine Handlanger mitgebracht, Hector und Louis, die in Wirklichkeit ganz anders heißen und absolut keinen Spaß verstehen.
Fehlen darf auch Treat nicht, der neue Deputy an Sheriff Wingates Seite, der sich zumindest viel Mühe gibt, seinen Job zu erledigen – und sich bei Pamelas Anblick Hals über Kopf verliebt hat.
Um Pamela und Duncan vor den Anfeindungen ihrer Häscher zu schützen, versteckt der Sheriff sie zunächst bei einem Freund, dem Schrotthändler Cola, dessen Faible für Fahrzeuge aus alten Armeebeständen nur noch von seinem Faible für Waffen aus alten Armeebeständen übertroffen wird.
Als die Lage sich schließlich zuspitzt, da die Häscher ihnen auf unerklärliche Weise immer einen Schritt voraus zu sein scheinen, sieht sich Wingate gezwungen, bei seinem Vorgänger um Unterstützung nachzusuchen, der seine ganz eigene Vorstellung vom Leben im Ruhestand hat, was die Sache nicht unbedingt erleichtert. Ebenso wenig wie die Neuigkeit, dass ausgerechnet jetzt Pamelas reiche Mutter Carlotta Campbell deMorgan aus der Schweiz einfliegt, um ihrer Tochter beizustehen, nachdem sie bisher kaum durch Anwesenheit geglänzt hat. Auch Duncans jähzorniger Vater macht sich auf den Weg: Buster, ein Witwer und Fernfahrer, der ständig unterwegs ist und überhaupt nicht verstehen kann, weshalb die meisten Bewohner im Ort bisher der Meinung waren, Duncan sei Waise.
Während die Guten schließlich hoffen, in einer verlassenen Waldhütte endgültig Zuflucht zu finden, sind ihre Widersacher ihnen schon wieder dicht auf den Fersen – doch hat keiner der Beteiligten mit Big John gerechnet.
Erneut beweist Castle Freeman sein unverkennbares Gespür für einen rasanten Plot, schräge Figuren, griffige Dialoge und rabenschwarzen, bissigen Humor, weshalb die neue Geschichte rund um Sheriff Wingate und seine Getreuen ein Muss für alle Freeman-Fans ist – und jene, die es nach der Lektüre garantiert werden.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln