Zum Buch:
Tyll Ulenspiegel, Sohn eines hochtrabende Überlegungen anstellenden Müllers, muss als Kind mitansehen, wie sein Vater der Hexerei beschuldigt und gehängt wird. Tyll flieht. Gemeinsam mit der Bäckerstochter Nele erlebt er die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges, die verheerten Ländereien, die gebrandschatzten Dörfer, Hunger, Pest und allerorten tiefste Verzweiflung. Die beiden schließen sich dem fahrenden Volk an, sind frei, da sie niemandem gehorchen müssen, doch wird das Essen knapp, müssen sie aufspielen.
Bald schon zieht Tyll Ulenspiegel allein seiner Wege. Als dämonischer Spaßmacher, Seiltänzer, Jongleur, Akrobat und Bauchredner verdingt er sich bei vielerlei Herren und gerät dabei nicht selten zwischen die Fronten. Auf seiner Wanderung begegnet er dem Universalgelehrten Athanasius Kirchner, der seine Forschungen erschwindelt, dem traurigen Winterkönig Friedrich, der letztendlich am Krieg Schuld trägt, dem Dichter Wolkenstein, dem schwermütigen Henker Tilman sowie dem Vaganten Pirmin – und muss zuletzt begreifen, dass auch die Verstellung bloß eine Maske, dass alles andere Getue, Verkleidung und Firlefanz, alles, was nicht Theater war, falsch war. „Auf der Bühne waren die Menschen sie selbst, ganz wahr, völlig durchsichtig.“ Und die Bühne war überall.
Daniel Kehlmann hat mit Tyll seinen bisher wohl besten Roman geschrieben, und man sollte ihn von der ersten Seite an wie ein ausgefallenes Menü genießen, um sich auch nicht den Hauch einer jener besonderen Noten entgehen zu lassen, von denen diese Geschichte so reich ist.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln