Zum Buch:
Dreißig Jahre Einsamkeit, in der Ludovica das Vergessen übt. Dreißig Jahre, nach denen sie sich – fast vollständig erblindet – dem nicht Vergessenen endlich sehenden Auges stellen kann: Mit diesem phantastischen Roman einer Frau, die sich in ihrer Wohnung in Luanda zusammen mit ihrem Hund Fantasma einmauert, erzählt der in Angola geborene Autor auch dreißig Jahre Geschichte seines Landes. Ein Feuerwerk der Sprache und der Ideen ist dieser Roman, in bester Tradition des magischen Realismus. Dahinter, auf einer anderen Ebene, wird immer auch der Wunsch nach Versöhnung und Frieden lesbar.
Am Vorabend der angolanischen Revolution, wenige Stunde bevor Ludovica mit ihrer Schwester und deren Ehemann von Angola nach Portugal fliehen will, verschwinden Odete und der Schwager spurlos. Allein zurückgeblieben in der Dachterrassenwohnung des Apartmenthauses – auch das Haus der Beneideten genannt – wird Ludovica von Einbrechern vor ihrer Wohnungstür bedroht. Mit der Pistole, die sie im Schreibtisch des Schwagers gefunden hat, schießt sie auf die Männer hinter der Tür und verletzt einen von ihnen tödlich. Ihm singt sie die Lieder ihrer Kindheit, bevor sie ihn in einem schmalen, selbst geschaufelten Grab zwischen gelben Rosen auf der Dachterrasse beerdigt. Noch in der gleichen Nacht errichtet Ludovica, während draußen Maschinengewehrsalven zur Ouvertüre der Revolution ertönen, mit den Steinen, die vom Bau des Schwimmbeckens übrig geblieben sind, eine Mauer zwischen dem Treppenhaus und ihrer Wohnungstür.
Sie lebt dort dreißig Jahre, in denen sie die Bibliothek, das Parkett und einen Großteil der Möbel verfeuert und sich von den Früchten, dem auf der Dachterrasse gezüchteten Gemüse, aber auch von den mit einem Seil gefangenen Hühnern der Nachbarn unter ihr und von mit Diamanten angelockten Tauben ernährt.
Draußen, auf den Straßen, im gebeutelten, um seine Unabhängigkeit kämpfenden Angola kreuzen sich die Wege von Opfern und Tätern, von Mördern, Dieben, Kämpfern, von Menschen, die mit der im Verborgenen lebenden Frau doch über Umwege in Verbindung geraten. Sie alle treffen sich nach vielen Jahren vor Ludovicas Mauer wieder, und es kommt zu dem wohl ungewöhnlichsten Showdown der Literaturgeschichte.
Dass auch ein Flusspferd in diesem Roman eine Rolle spielt, muss nicht extra erwähnt werden, es ist auf dem Cover abgebildet. Durchaus erwähnenswert ist allerdings, dass das Geheimnis, das Ludovica alle Jahre ihres gelebten und auf den Wänden der Wohnung in Gedichten und Bildern festgehaltenen Lebens auch vor sich selbst zu verbergen sucht, gelüftet wird. Sie schließt Frieden mit dem, was ihr widerfahren ist.
Susanne Rikl, München